Kleidersammler führen Bürger oft in die Irre
Dortmund. Viele Altkleidersammler nutzen die Namen und Logos von gemeinnützigen Vereinen, um den gewerblichen Zweck ihrer Sammlung zu verschleiern. Mit Wohltätigkeit lassen sich bessere Sammlungsergebnisse erzielen. Eine gesetzliche fundierte Handhabe haben die Ordnungsämter in NRW dagegen nicht.
Wo Wohltätigkeit drauf steht, ist nicht immer Wohltätigkeit drin. Viele gewerbliche Kleidersammler nutzen Namen oder Logos von karitativen Vereinen, um Bürger auf eine falsche Fährte zu locken. In Dortmund wirbt ein Sammelunternehmen derzeit mit dem „Verein zur Kontaktpflege mit Behinderten”. Ob die Kleidung, oder der Erlös aus der Sammlung, tatsächlich behinderten Menschen zugute kommt, ist mehr als fraglich. Schon vor zwei Jahren ging von Rheinland-Pfalz die Warnung vor diesem Verein aus.
»Oft wird zum Schein Gemeinnützigkeit kreiert«
Dirk Taron von der Gewerbeaufsicht der Stadt Arnsberg nennt diese Flyer „Herz-Schmerz-Zettel”. Seit der Aufhebung des Sammlungsgesetzes in NRW, hat er keine rechtliche Handhabe mehr gegen Altkleidersammler, die bei ihren Sammelaufrufen auf die Tränendrüse drücken, tatsächlich aber mit rein gewerblichem Hintergrund sammeln. „Da wird zum Schein Gemeinnützigkeit kreiert. Oft geben die Sammler nichts oder nur einen sehr geringen Betrag aus dem Erlös an einen karitativen Verein weiter”, sind Tarons Erfahrungen in Arnsberg. Früher konnten die Ordnungsbehörden schon im Vorfeld prüfen, wer, wann, wo und zu welchem Zweck sammelt. „Wir wurden nach der Sammlung über den Erlös informiert, als Kontrollmitteilung ging das auch ans Finanzamt”, erklärt Taron. Das habe viele unseriöse Sammler abgeschreckt. Das Sammlungsgesetz war 1998 zur Entlastung der Behörden und zum Abbau von Bürokratie abgeschafft worden.
Andreas Voget, Geschäftsführer des Vereins „Fairwertung”, der sich für einen transparenten und umweltverträglichen Umgang von Altkleidern einsetzt, kritisiert vor allem die Verschleierung der Sammlungszwecke: „Ich habe nichts gegen gewerbliche Sammlungen, aber das muss dann auch deutlich kenntlich gemacht werden.” Oft mieten gewerbliche Sammler die Logos von gemeinnützigen Vereinen, geben ihnen einen monatlichen Festbetrag, beteiligen sie aber nicht an den Erlösen der Sammlungen: „Das führt die Verbraucher in die Irre”, so Voget. Der Sammler macht nämlich glauben, dass die Kleidung oder die Erlöse in vollem Umfang diesem Verein zugute kommt.
Sammlungsverbote in Arnsberg
Info
Gesundes Misstrauen
· Unseriöse Sammlungen sind laut dem Verein Fairwertung, zu erkennen, „wenn sehr gefühlsbetont für eine Sammlung geworben und an die Hilfsbereitschaft appelliert wird”
· Sind Handynummern angegeben, dann ist meistens niemand erreichbar oder die Mailbox ist voll
· Werden Wäschekörbe zur Sammlung vor die Türen gestellt, dann darf dies nicht ohne die Zustimmung der Grundstückseigentümer passieren. Sie müssen daher auch nicht toleriert werden
· Informationen über dubiose Sammler gibt es im Internet unter:
www.dzi.de (Deutsches Zentralinstitut für soziale Fragen)
www.add.rlp.de (aufsichts- und dienstleistungsdirektion rheinland-pfalz)
www.fairwertung.de (Verband „Fairwertung”)
Die Stadt Arnsberg versucht, sich mit der Störung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung und mit dem Verstoß gegen das Gesetz gegen unlauteren Wettbewerb gegen unseriöse Sammler zu wehren. Ein Sammlungsverbot, ein Verbot, Zettel zu verteilen oder Bußgelder drohen den Sammlern.
In Hagen überlässt man die Einschätzung einer Sammelorganisation der Eigenverantwortung der Bürger. „Wir haben auch keine Rechtsgrundlage, Sammlungen zu verbieten”, sagt Thomas Lichtenberg vom Hagener Ordnungsamt. „Wir sammeln aber die Körbe ein, die vor Hauseingänge gestellt werden. Damit verstoßen die Sammler gegen das Sondernutzungsrecht”, erklärt Lichtenberg den Hintergrund. Auch gegen Sammelcontainer auf öffentlichen Flächen könne man mit dieser Handhabe vorgehen.
Hilfe kommt aus anderen Bundesländern, wo es das Sammlungsgesetz noch gibt, etwa aus Rheinland-Pfalz. Die Spendenaufsicht informiert das NRW-Innenministerium über Sammlungsverbote für einzelne Vereine. In Rheinland-Pfalz darf sich die Behörde die Sammlungen im Vorfeld anschauen und hat auch einen Anspruch auf Auskunft gegenüber den Organisationen, erklärt Mitarbeiter Sven Brauers. „Oft bekommen wir Anfragen aus der Bevölkerung, dann fangen wir an zu recherchieren und zu prüfen”, erklärt er das Prozedere.
Der Verein zur Kontaktpflege mit Behinderten ist zwar beim Amtsgericht Kassel registriert, wirkt aber wenig Vertrauen erweckend. Die Internetseite ist in Arbeit, hinter der Telefonnummer des Vereins verbirgt sich ein Anrufbeantworter einer Zimmervermittlung und die Mailbox des Sammelunternehmens ist voll – laut dem Verein Fairwertung ein beliebter Trick.
https://www.derwesten.de/nachrichten/wr/2009/10/21/news-137835123/detail.html
21.10.2009